Barrieren schützen und schotten ab

Barrieren grenzen ab, aber sie können auch schützen, zum Beispiel die Wohnbevölkerung und die Fussgängerinnen und Fussgänger vor Autoverkehr in der Nacht. Nötig ist dies in der Altstadt links und rechts der Limmat (und im Kreis 4 und 5. Aber diese Geschichte schreibt jemand anderer).

Um Geld zu sparen, hat der Stadtrat einen Versuch angeordnet: Die bedienten und unbedienten Barrieren wurden abmontiert. Ein Testbetrieb von sechs Monaten sollte Klärung bringen, ob das Nachtfahrverbot durchgesetzt werden kann. Mit einem detaillierten Bericht wurde nun dargelegt, dass das Nachtfahrverbot ohne Barrieren speziell an den Wochenenden nicht respektiert wird. Das rief die SP, die Grünen und die CVP auf den Plan, die nun gemeinsam fordern, dass die Quartierbevölkerung wieder mit bedienten Barrieren, Pollern mit Zugangsberechtigungen oder anderen geeigneten Mitteln vor nächtlichem Autolärm zu schützen sei. Am Schlafen hindern nicht nur der Motorenlärm, sondern auch das Türenschlagen und das Manövrieren.

Barrieren werden auch gegenüber Menschen errichtet, damit sie nicht in andere Länder auswandern, sondern dort bleiben, wo sie herkommen, auch wenn es dort kein Überleben mehr gibt. Das ist ein komplexes Thema und diese Kolumne zu kurz dafür.

Aber folgende Geschichte möchte ich erzählen: Die letzte Periode grosser Armut in der Schweiz, die wiederkehrend eigentliche Hungersnöte mit sich brachte – so zum Beispiel vor genau 200 Jahren im „Jahr ohne Sommer“ 1816 – dauerte je nach Gegend von 1810 bis 1860. Die Teuerung nahm zu, bald bekam man nur noch einen Drittel des Getreides zum selben Preis. Eine zahlenmässig kleine Oberschicht liess es sich gut gehen, während die mittelständischen und einfachen Leute ärmer und ärmer wurden. Die Obrigen empfahlen der hungernden Bevölkerung, Frösche und Kräuter zu essen. Die Kirchen gaben zwar Almosen, forderten aber frommes Verhalten und die Verarmten mussten sich Vorwürfe über ihr eigenes Verschulden anhören; zudem verloren sie ihren Status als Aktivbürger der Gemeinden. Die Notleidenden verkauften nach und nach ihr Hab und Gut, um dafür Essen zu kaufen.

Wie wir heute historisch wissen, war es eine unglückliche Verkettung verschiedener Zusammenhänge, Spekulationen der Handelsfamilien, politisch unruhige Zeiten in Europa, kalter Sommer und Überschwemmungen mit Ernteausfällen, die die Schweiz damals in diese lange Armutsperiode trieben. Wir jedoch meinen, die Schweiz sei schon immer so reich gewesen (woher auch immer das Geld gekommen sein mag) und wir tun uns schwer mit Teilen.

Die Frage stellt sich: Waren unsere Vorfahren echte Hungernde oder waren sie unechte Wirtschaftsflüchtlinge, wenn sie sich, wie Teile meiner Familie, zur Auswanderung entschlossen? An die Auswanderungsgeschichte der Schweiz zu erinnern, scheint mir gerade in der heutigen Zeit besonders wichtig. Und zwar nicht nur in Bern, wo über das Schweizer Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit – und damit der Armutsbekämpfung – befunden wird. Sondern auch in Zürich, wo die Linke jedes Jahr dafür kämpfen muss, dass der traditionelle städtische Beitrag für Projekte der Entwicklungszusammenarbeit nicht gekürzt oder gar gestrichen wird.