Rede vor der Delegiertenversammlung des Vereins Interbiblio

Sehr geschätzte Damen und Herren
Liebe Delegierte des Dachvereins Interbiblio
Liebe Präsidentin Julia Cutruzzolà
Liebe Suela, Leiterin der Bibliothek Hardau
Geschätzte Medienschaffende

Mein Name ist Marianne Aubert. Als Co-Präsidentin des Vereins Pestalozzi Bibliothek Zürich mit 14 Standorten und als Gemeinderätin der Stadt Zürich freue ich mich ausserordentlich, dass die diesjährige Versammlung des Vereins Interbiblio in unserer interkulturellen Pestalozzi Bibliothek Hardau stattfindet.

Ich möchte Ihnen folgende kleine Geschichte erzählen: Das erste Mal, als ich die Bibliothek Hardau betrat, war ich etwas irritiert. Ich suchte einen deutschen Krimi, dabei stiess ich auf französische Literatur und auf englischsprachige Romane. Interessant. Ein Gefühl von «weite Welt» stellte sich ein. Ich schaute mich genauer um. In meiner Naivität hatte ich nicht bemerkt, dass ich mich in einer interkulturellen Bibliothek befand. Nun da ich älter und in der Zwischenzeit Co-Präsidentin der Pestalozzi Bibliothek geworden bin, weiss ich es. Das Gefühl von «weite Welt» stellt sich aber jedes Mal beim Betreten dieser Räume wieder ein. Und ich finde auf Anhieb auch die deutschsprachigen Krimis.

Ich schaute mir die kleinen und grossen Besucherinnen und Besucher an und merkte rasch, dass dieser Ort für sie etwas ganz anderes ist als für mich. Für sie ist er eine Art Heimat.

Es stellt sich eine Art Heimatgefühl ein, wenn man Bücher und Hörbücher in seiner Muttersprache vor sich hat. Ist es verwegen zu behaupten: Diese Bibliothek – jede interkulturelle Bibliothek auf der ganzen Welt – vermittelt «Zuhause sein», Heimat, ein sicherer Ort. Und genau das ist es, was wir sein wollen. Ein sicherer Ort, von dem aus man die grosse weite Welt erkunden kann.

Zürich ist eine interkulturelle Stadt. Von den 423’000 Einwohnerinnen und Einwohner sind 32% Ausländerinnen und Ausländer. Hier leben 114 verschiedene Nationen, die sich in dieser Stadt eingerichtet haben. Die hier gelandet sind, willentlich oder mehr oder weniger zufällig. Um den Spagat zwischen dem Fremden und dem Bekannten – auch Integration genannt – zu schaffen, ist es wichtig, einen Austausch zwischen den «Einheimischen», die vielleicht auch nicht immer so einheimisch waren und den «Nicht von Klein auf hier Lebenden» zu fördern. Eine interkulturelle Bibliothek tut genau dies.

Wir wollen eine offene, vielfältige Gesellschaft sein. Und dafür brauchen wir öffentlich zugängliche Räume, in denen sich alle willkommen fühlen. Interessante Orte, an denen etwas geschehen kann, Kontakte geschaffen werden können, Feste gefeiert werden und sich eine Erweiterung der Sinne einstellt.

Die Integration – und damit auch die Chancengleichheit – gelingt nur, wenn sich der Mensch, egal ob Kind, Jugendliche oder Erwachsene wohl und verstanden fühlt. Und wer etwas versteht, zum Beispiel weil sie es lesen oder hören kann, weil andere Menschen es teilen, fühlt sich verstanden und dazugehörig. Das ist der Schlüssel zur Integration!

Der Dachverein Interbiblio mit all seinen Bibliotheken in der ganzen Schweiz setzt sich für kulturelle Vielfalt, und meine Interpretation – Heimatgefühle – ein und erst dadurch wird eine erfolgreiche Integration möglich. Nur wer seine Wurzeln kennt, kann wachsen und sich dem Neuen zuwenden. Dafür bin ich Ihnen allen extrem dankbar.

Ich bin stolz darauf, Co-Präsidentin der Pestalozzi Bibliothek Zürich und speziell der interkulturellen Bibliothek Hardau zu sein. Ich wünsche Ihnen allen viel Kraft und eine Menge guter Ideen, um unsere gemeinsamen Werte einer friedlichen, multikulturellen Gesellschaft umzusetzen.

Danke für ihre Aufmerksamkeit.


Rede vor der Delegiertenversammlung des Vereins Interbiblio, Dachverband der interkulturellen Bibliotheken Schweiz. Samstag, 16. Juni 2018 –Pestalozzi Bibliothek Hardau